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YUKON erscheint am 23.3.2023

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1990: Es ist erst dreißig Jahre her, da fährt ein junger Deutscher tausende Kilometer durch die USA und denkt sich nichts dabei. Immerhin hat sein Auto einen Katalysator! Klimawandel, Artensterben, gespaltene Gesellschaft - würde Markus Schnitzler alles sehr wichtig finden, aber das gibt es nicht in seiner Welt. Genauso wenig wie eine Frau. Und das ist sein Problem.

Eine Zeitreise, ein Reisebericht, ein Jugendbuch für Erwachsene.

Lese-/Rezensionsexemplar erhältlich unter


 

Leseprobe (unten)

Leseprobe (als pdf)(als epub für Tolino u.a.)(für Kindle)

Lesung erstes Kapitel:

 

 


 

Erstes Kapitel: am pm

 

Samstag, 7. Juli 1990. Tanken in Round Mountain (Nevada)

 

Es ist ein großes Abenteuer, durch die USA zu fahren. Ich werde zu Hause davon erzählen können und es wird ziemlich cool klingen.

 

Man könnte es allerdings auch als stinklangweilig bezeichnen. Und sinnlos. Wie hat Amerika das geschafft, sich so gut zu verkaufen? Das sture Fahren durch eintönige Landschaft: cool. Die Bauern heißen Cowboys und sind auch cool. Das ganze Land ist total verklemmt und trotzdem denkt man, dass es hier drüben ziemlich sexy sei. Von wegen. Eine einzige Heuchelei. Und Diana ist voll drauf reingefallen. Ich bin einfach nur enttäuscht von ihr. Wir zwei hätten was Besonderes werden können, ich habe eine Zukunft für uns gesehen. Ich hätte zu dir gehalten, schöne Diana, aber wenn du sowieso gar keinen Charakter hast, ist das eben Pech.

 

Ich hatte bis jetzt keinen besonders guten Tag. Damit ich nicht ständig an Diana denke, habe ich mich auf meinen Tacho konzentriert und versucht, immer ganz knapp 60 Meilen pro Stunde zu fahren. Das müssten so knapp hundert Stundenkilometer sein. 60 mph, habe ich festgestellt, das ist so mein Tempo auf diesen langen Wüstenstraßen, das tut mir gut und dem Auto auch, und darum geht es hier: Ich finde heraus, was ich brauche, ich finde meinen Weg. Meinen Weg, Auto zu fahren, meinen Weg, mit dieser ewigen Liebesenttäuschung klarzukommen, meinen Weg, in diesem Land den besten Sommer zu verbringen. Ich finde meinen Weg. Präsens. Ich habe ihn noch nicht gefunden. War die ganze Grammatik in Latein doch nicht ganz umsonst.

Ich stehe unter der riesigen Preisanzeigesäule einer ‚am-pm‘-Tankstelle in einem dieser kleinen Örtchen, die auf meiner Karte nicht verzeichnet sind. Ich habe einen Pocket-Atlas, der war sehr preiswert, jeder Bundesstaat auf einer einzelnen Seite, ganz Kalifornien ist ungefähr 15 cm lang, ich kann froh sein, wenn zwei oder drei von den Ortschaften, durch die ich jeden Tag fahre, auch im Pocketatlas auftauchen. Viel Platz ist ja nicht auf den kleinen Seiten. Dabei fahre ich Hunderte von Meilen im Verlauf eines Tages.

Der Ort heißt ‚Round Mountain‘ und ‚am-pm‘ ist meine Lieblingstankstellenkette, superbillig, da gibt es auch das Motoröl, das ich immer benutze. Getankt habe ich schon; ich warte gerade noch, dass der Motor ein bisschen abkühlt, dann gibt es neues Öl für den Ford. Ich brauch bei jeder Tankfüllung ein halbes Kanisterchen. Der Mann, der mir das Auto für 500 Dollar verkauft hat, erklärte mir: „these old engines, it’s a good sign if they use a lot of oil, that means they are well lubricated“; wenn viel Öl durchfließt, ist der Motor auch gut geschmiert, hat er gemeint. Ich tendiere dazu, alles Positive zu glauben, was man mir erzählt. Bis jetzt hat der Motor aber auch wirklich gut mitgemacht. Die Reifen sind ziemlich durch, aber ich habe festgestellt, dass Autowerkstätten meistens einen Berg alter Reifen herumliegen haben, die wesentlich weniger abgefahren sind als meine, und vorgestern hab ich für fünf Dollar meinen kaputten Reifen gegen einen von so einem Reifenberg austauschen lassen. Man darf nur nicht vergessen, sie auswuchten zu lassen, das habe ich dann als Nächstes gemerkt, sonst holpert die Chose beim Fahren. Ich musste wieder zurück, Reifen wieder abbauen, der Typ hat gegrummelt dass man einen Ersatzreifen doch nicht auswuchtet, hat wohl nicht verstanden, dass alle meine Reifen Ersatzreifen sind.

Wenn es in einem Ort einen ‚Seven Eleven‘ mit Tankstelle dabei gibt und die Benzinpreise stimmen, das ist dann noch besser als ‚am-pm‘, weil es eine größere Getränkeauswahl gibt. Essen habe ich noch: Weißbrot und den billigsten Schinken aus dem Kühlregal. Es ist wirklich alles im Auto, was ich brauche. Fotos habe ich schon gemacht von Orten wie diesem, also vor dem Öl nachkippen nur noch ein bisschen schreiben. Hab ich allerdings auch schon gemacht, an Orten wie diesem.

 

Mein schönstes Erlebnis hatte ich gestern. Ich habe von der Straße aus eine riesige Sanddüne gesehen, die war als nationale Besonderheit oder so auch mit einem Schild ausgewiesen. Ich also hin und geparkt, so wie ich war. Ich trage eine gelbe Jogginghose und ein T-Shirt, bin barfuß, die Jogginghose hat einen echt doofen Fleck an der Innenseite des Oberschenkels: Da ist mir im Flugzeug Shampoo im Koffer ausgelaufen. Bei Diana hätte ich vielleicht waschen können, aber das war ja nicht zum Aushalten da, außerdem dachte ich „Shampoo ist ja was Sauberes“, warum soll ich was Sauberes rauswaschen. Jetzt sieht es aber schon etwas blöd aus. Abgesehen davon finde ich mich ziemlich lässig so. Hier kann ich es ja sagen. Ich bin ein cooler Typ, der die Meilen runterspult und etwas Existentiellem auf der Spur ist. So schaut’s aus.

Ich also auf die Düne. Wieder runter, den heißen Sand zwischen den Füßen, wieder rauf, hingesetzt. Ich habe Fotos gemacht mit Stativ, auf die bin ich gespannt, lasse ich erst zu Hause entwickeln, viel billiger. Auf anderen Dünen sind andere Leute herumgekraxelt, und wie in Amiland üblich, ignoriert man sich, jeder ist in seiner Blase, Familien fotografieren sich und fahren sofort wieder weiter. Nur ich, bleibe sitzen bis auf Weiteres, voll verbunden mit der Schönheit der Natur.

Und als ich dann wieder aufstehe aus dem Sand und zurück zum Auto laufe, sagt jemand was zu mir, das allein passiert schon höchst selten auf dieser Reise, und es ist eine Frau, älter als ich, die mich anlacht: „Have you found your perfect dune yet?“ Ich sage was von „yeah…“ oder so, und dann ist der Moment auch schon vorbei und ich finde mich fahrend in meinem Auto wieder. Aus dem Moment hätte ich noch ein bisschen mehr machen können, und in den nächsten Stunden, bis jetzt eigentlich, stelle ich mir vor, was aus dieser Begegnung hätte werden können. Tatsächlich fehlt das noch zum kompletten Abenteuer in diesem Sommer: Dass irgendwas anderes passiert als Auto fahren.

 

 

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